Den Kulturbetrieb im Münchner Umland fördern und Kulturschaffende motivieren – das sind die Ziele des Tassilo-Kulturpreises, den die Süddeutsche Zeitung heuer zum neunten Mal ausschreibt. Die Preise sollen junge Künstler fördern und ihnen Aufmerksamkeit verschaffen sowie Kulturschaffende auszeichnen, die für ein breites und vielfältiges Kulturangebot sorgen. Die Leserinnen und Leser der SZ können hierzu Personen und Gruppen vorschlagen.
Zum ersten Mal ausgeschrieben wird in diesem Jahr der Tassilo-Sozialpreis. Damit soll besondere Kultursozialarbeit und -pädagogik gewürdigt und unterstützt werden. Und in dieser Kategorie wurde der Verein SOVIE e.V. nun nominiert.
Zu dieser Nominierung erschien dann auch ein entsprechender Zeitungsartikel, der unsere Arbeit kurz beschreibt:
Süddeutsche Zeitung Nr. 105, Samstag/Sonntag, 7./8. Mai 2016 · Landkreis Erding
Musik kann jeder genießen
Der Verein Sovie aus Taufkirchen setzt sich für die Integration von psychisch Kranken in die Gesellschaft ein. Für seine Arbeit ist er nun für den Tassilo-Kultursozialpreis nominiert
VON MATHIAS WEBER Taufkirchen – Es ist nicht wirklich weit von dem einen Ort, für den Taufkirchen überregional bekannt ist, zum anderen: Das Wasserschloss, das den Taufkirchnern so am Herzen liegt und wohl bald wieder in den Besitzt der Gemeinde übergehen wird, ist nur wenige Schritte vom Isar-Amper-Klinikum entfernt; es wäre ein Leichtes für die Patienten des Klinikums, über die Straße zu gehen und die vielen kulturellen Angebote wahrzunehmen, die im Schloss angeboten werden. Es ist ein schöner Gedanke: Psychisch kranken Patienten durch Kultur an die Gesellschaft heranführen und (wieder) zu integrieren.
Gut, dass es in Taufkirchen einen Verein gibt, der sich genau diesem Ziel verschrieben hat: Der Verein Sovie, die Abkürzung steht für „Soziale Verantwortung in Eigeninitiative“. Für die Verbindung von Kultur und Sozialarbeit ist Sovie in diesem Jahr für den neuen Tassilo-Kultursozialpreis der Süddeutschen Zeitung nominiert.
Das Gesicht des Vereins, der um die 100 Mitglieder zählt, ist der Taufkirchener Künstler Bodo Gsedl. Für ihn, dem ersten Vorstand und Manager des Vereins, ist Sovie oftmals eine tagesfüllende Aufgabe. Er organisiert zwei der drei Standbeine des 1994 gegründeten Vereins: Zum einen die Kulturveranstaltungen im Wasserschloss, also Konzerte, Theater, Lesungen und Vorträge; zudem gibt es ein Café mit angeschlossenem Laden. Sovie bietet dort im Rahmen eines Kooperationsvertrages Arbeitstherapieplätze für Patienten der frauenforensischen Abteilung an. Auch auf diese Art und Weise sollen psychisch kranke Menschen wieder fit für den Alltag gemacht werden, wenn es bis zu ihrer Entlassung nicht mehr lange hin ist. Sovie bringt den Frauen viel Vertrauen entgegen, sie tragen zum Beispiel ganz selbstverständlich auch die Geldbörsen bei sich und kassieren bei Kunden und Gästen.
2006 wurde auch das zweite große Ziel des Vereins verwirklicht: Seitdem werden betreute Wohnmöglichkeiten zur Verfügung gestellt – auf zwei Stockwerken und 500 Quadratmeter im Wasserschloss gibt es eine Übergangs- und Langzeiteinrichtung für psychisch kranke Menschen. Geleitet wird diese von Bodo Gsedls Frau Cordia Orlob. Sovie hat die beiden sozusagen zusammengebracht: Sie haben sich über den Verein kennengelernt – und natürlich im Wasserschloss geheiratet.
VieleTaufkirchener kennen Sovie wahrscheinlich von den kulturellen Veranstaltungen, die der Verein organisiert – und zwar für die Besucher immer kostenlos.
So oft wie am Anfang – also jede Woche – kann Sovie zwar aus finanziellen Gründen Kultur nicht mehr anbieten; aber für das eher überschaubare Taufkirchen ist die Menge an Veranstaltungen doch beachtlich: Regelmäßig treten zum Beispiel junge Nachwuchsmusiker der Yehudi-Menuhin-Stiftung im Festsaal des Wasserschlosses auf, und auch mit den Schülern und Lehrern der Kreismusikschule gibt es einen engen Kontakt. Ein Highlight des Kulturjahres ist das kleine „Jazz im Schloss“-Festival, das (bei gutem Wetter) auf der Schlossterrasse stattfindet.
Kranke und Gesunde, so sieht es Bodo Gsedl auch noch nach Jahren der Vereinsarbeit, sollen zusammen Kultur genießen können. Auch wenn es manchmal natürlich noch auffalle, die Besucher der Konzerte sollen eigentlich gar nicht mehr wissen, wer da neben einem sitzt – und ob derjenige aus dem Klinikum auf der anderen Straßenseite dazugekommen ist.
Für Bodo Gsedl ist das schon lange keine Frage mehr. Er hat täglich Umgang mit den Patienten aus dem Klinikum und ein ziemlich klares Urteil parat: „Manche der Leute sind in ihren Gedanken viel normaler als der, der seine Hecke auf ein Viereck schneidet.“